Helikon





Von zickigen Sängern, Spottliedern
und der großen Macht der Musik
Das Bremer Ensemble "Helikon" begeisterte mit Alter Musik in der Alten Kirche in Dörnigheim
Maintal (sd). _ Mit einem ebenso ungewöhnlichen wie spannenden Konzertabend begeisterte das Bremer Ensemble "Helikon" am vergangenen Sonntagabend die Zuhörer in der Alten Kirche am Main in Dörnigheim. "Aus Englands Nebel in die Sonne Italiens" _ unter diesem Motto luden die Musikerinnen und Musiker ein zu einer erlebnisreichen Klang-Reise durch ersten Konzertsäle Europas im 17. und 18. Jahrhundert.
Kleine, aber feine musikalische "Schmankerln" stellten Ensemble-Gründerin Imma Einsingbach (Sopran), Olaf Tetampel (Bass und Viola da Gamba) und Susanne Peuker (Arciliuto) bei ihrem Auftritt im Rahmen der Konzertreihe des Kultur- und Musikvereins Dörnigheim vor. Das Repertoire reichte dabei von bekannten Namen wie Claudio Monteverdi und Henry Purcell bis hin zu weniger geläufigen wie John Blow oder Giovanni Battista Bassani. Trotz eindeutiger Einordnung im Genre der "E-Musik" war das Konzert in Dörnigheim dabei nicht immer hundertprozentig ernst zu nehmen. So sorgten zum Beispiel im ersten Teil zwei Spottlieder aus dem 18. Jahrhundert für entspannte Laune und ausgelassene Heiterkeit unter den Zuhörern.
"Das ist wahr und kein Gedicht, trau nur keinem Weibsbild nicht", empfahl zunächst Olaf Tetampel in einem Lied von Valentin Rathgeber, denn die Frauen seien nun einmal "lang am Haar, aber kurz am Verstand". Prompt erwidert natürlich von Imma Einsingbach, die sich mit Johann Sigismund Scholze über "Das böse Mannsvolk" beschwerte, das "von einer zur anderen geht".
Perfekter Zusammenklang
Leise, polyphon verwobene Lautentöne mit filigranem Charme mischten sich bei dem Konzertabend mit dem sonoren Klang der Viola da Gamba, Imma Einsingbachs klarer und auch bei schwierigen Koloratur-Passagen stets transparenter Sopran korrespondierte perfekt mit dem warmen Timbre von Olaf Tetampels Bass. Tänzerische Passagen wie in der Sonate für Viola da Gamba und Basso Continuo von Johann Daniel Hardt folgten auf lyrische Liedpassagen, diese wiederum auf schwermütige Lamenti oder heiter-ausgelassene, volksliedhafte Melodien. Und so nahmen die drei Musiker die Zuhörer in der Alten Kirche mit auf eine Reise von Norden nach Süden: Von der bekannten englischen Volksweise "Greensleeves" und Lobliedern auf die Macht der Musik von John Blow und Henry Purcell ging es über deutsche Liebeslieder von Adam Krieger bis hin zu geistlichen Werken von Claudio Monteverdi nach Texten aus dem Hohelied Salomos.
Am Schluss des Konzertes standen dann zwei recht skurrilen Szenen: Olaf Tetampel verkörperte zunächst einen im heutigen Sprachgebrauch wohl am ehesten "zickig" zu nennenden Sänger, der sich in feiner Gesellschaft vehement und mit den absurdesten Ausreden gegen alle Bitten wehrt, doch etwas von seiner Kunst darzubringen. Anschließend bewies Imma Einsingbach noch einmal ihre Wandlungsfähigkeit und schauspielerisches Talent mit der Darstellung der schwedischen Königin, die angesichts der Todesnachricht ihres Gatten Gustav Adolf völlig den Kopf verliert und sich in wilde Phantastereien stürzt.
Freude machte bei dem Konzert aber nicht nur die höchst gelungene Programmauswahl, mit der das Ensemble "Helikon" auch die in Alter Musik weniger bewanderten Zuhörer an die Hand nahm und durch den Abend führte, sondern vor allem die musikalischen Qualitäten der Ensemblemitglieder. Lebendige Spielfreude paarte sich mit virtuoser Beherrschung der Instrumente _ vor allem Susanne Peuker begeisterte in Giovanni Zambonis Solo-Suite für Arciliuto, die große Erzlaute mit bewundernswerter Fingerfertigkeit und feinem Gespür. Dazu kamen sozusagen als Tüpfelchen auf dem "i" die feinfühligen Interpretationen des Ensembles und seine unverhohlene Begeisterung für die Musik.
Der kleine Publikumskreis und die intime, stimmungsvolle Atmosphäre der Alten Kirche sowie das sympathische und offene Auftreten der Künstler taten ihr Übriges und machten das Konzert zu einem Erlebnis, das Lust auf mehr weckte.